· 

Dritte Reparaturwoche

Position MickMoon

Sonntag, 16.02.2025, 12:00 UTC

N 27°44.79'  W 015°37.20'

Puerto Pasito Blanco, Gran Canaria

Wir sind tatsächlich schon drei Wochen hier in Pasito Blanco und versuchen immer noch das Boot wieder flott zu bekommen. 

Warum dauert es aber so lange? 

Was machen wir denn die ganze Zeit?


Nun, wir haben im ersten Ansatz versucht, die vorhandenen, aber abgerissenen Steuerzüge zu reparieren. Versucht die fehlende Länge durch verlängerte “push rods”, neu gefertigte Drehteile, auszugleichen. Das hat leider nicht geklappt, weil die “push rods” zu früh auf einen Anschlag gestoßen sind. So konnten diese Metallstäbe (unsere neuen “push rods”) ihre Verlängerung nicht ausspielen. Die Züge waren weiter zu kurz und hatten so nicht mehr ausreichend Hub, um den Ruderquadranten richtig zu drehen. 


Wir haben einen zweiten Versuch gestartet und in Las Palmas in der Marina neue, ähnliche Steuerzüge bestellt, die zwar bei uns nicht passen, von denen wir aber die inneren Kabel -die Seelen- nutzen wollen, um unsere abgerissenen Kabel zu ersetzen. So der Plan. 

Es gibt vom Hersteller Ultraflex zwei Typen von Seilzügen. M58 und M66. Beide gibt es jeweils in unterschiedlichen Längen. Wir entscheiden uns für das M58, weil am Ende ein Gewinde vorhanden ist, das wir voraussichtlich gut nutzen können. Die Bestellung soll innerhalb von zwei Tagen vom spanischen Festland geliefert werden. Am Ende dauert es 10 Tage und kostet trotzdem den Express Zuschlag von 50€. Insgesamt 390€ für zwei Steuerzüge. 😡

Als wir die M58-Züge mit unseren schicken neuen Drehteilen, die Jorge Ramos für uns anfertigen lassen hat, zusammenbauen wollen, müssen wir leider feststellen, dass die M58 Kabel nicht 4,5mm Durchmesser haben wie unsere alten, sondern nur 3mm. 🤯 Also viel zu dünn sind. 


Wieso? Nirgendwo stand das geschrieben! Nirgends ist es erwähnt! Niemand hat uns einen Hinweis darauf gegeben! Keine Internetseite hat die Daten der Durchmesser gelistet!  Wir sind nicht davon ausgegangen, dass es überhaupt unterschiedlich dicke Züge gibt. Aber es passt einfach nicht. Und 3mm ist sicher auch nicht stark genug, um die MickMoon mit ihrem am Skeg angehängten Ruder zu steuern. 

Was folgt, ist eine für uns beide schlaflose Nacht. Volker klickt nach den Googlevorschlägen eine Webpage nach der anderen durch und wird dann endlich im Morgengrauen fündig: Bei Gotthardt gibt es die Züge auch zu kaufen und auf ihrer Shop Page erscheint eine kleine Tabelle, die die anderen, die M66 Züge als Heavy duty bezeichnet und einen größeren Durchmesser  beschreibt!  Das könnte passen. Diesmal bestellen wir aber bei Jorge Ramos, unserem Werkstattbetrieb auf der Werft von Pasito Blanco. Auch hier wird eine Lieferzeit von 2 Tagen versprochen und tatsächlich nur um einen halben Tag überschritten!


Um die Wartezeit zu überbrücken fahren wir am Donnerstag mit unserem Mietwagen in die Berge und wandern. Eine spannende Tour an steilen Wänden in gleissender Sonne. Die Ausblicke und das Abenteuer sind grandios. Es macht viel Spaß und tut auch unserer Stimmung gut. Als wir am späten Nachmittag wieder in unseren Hafen zurückkommen, sind wir etwas groggy. Als Überraschung können wir jedoch zwei neue Drehteile und unsere M66 Steuerzüge in Empfang nehmen. Na, endlich klappt es. Und es geht endlich vorwärts! Denken wir! 

Als wir noch am Abend die Züge auf dem Steg auslegen und die Seele aus dem Mantel ziehen wollen, wird das Herausziehen nach 25cm abrupt blockiert. Irgendetwas geht auf Anschlag und lässt die Seele nicht herauskommen. Einfach Stop! 🤬

Es hilft nichts, wir brauchen den Draht. Also müssen wir uns das ansehen, nachdenken wie es von innen aussehen könnte und rekonstruieren, wo es stoppen könnte. Was bleibt, ist eine Schiebehülse vom neuen Kabel aufzuflexen und die Verbindungsstangen von innen anzusehen. Unsere Technik, die Hülsen anschließend mit einer aufgeschobenen Bandage aus dem Stiel einer Klobürste zusammenzukleben, beherrschen wir und ist praktikabel und stabil, solange nur Zug- oder Druckkräfte eingeleitet werden. Biegung wäre schlecht, tritt aber auch nicht auf. Sicher!  Nach dem beherzten Schnitt kommen wir an die Blockadestelle, die es bei unseren Originalzügen nicht gab. Nur bei den Neuen. Hier müssen wir mit Dremel und Flex ein weiteres Röhrchen öffnen, um einen Sprengring zu entfernen. Immer super vorsichtig, damit man kein darunter liegendes Material verletzt oder sogar aus Versehen durchtrennt wird. Es ist wie beim Zahnarzt. Gaaanz vorsichtig schleifen und bohren. Aber es gelingt mit dem letzten Tageslicht und der finale Arbeitsschritt an diesem Tag ist es, das Kabel aus dem Steuerzug herauszuziehen. Es hat geklappt. Die späte Aktion hat uns vor einer weiteren schlaflosen Nacht bewahrt. Morgen kommt dann der zweite Zug mit seiner Wurzelbehandlung dran. 


Nachdem am nächsten Tag der zweite Zug auch präpariert ist, messen wir 10 mal, überlegen 20 mal, diskutieren immer wieder, ob wir die erforderliche Länge richtig berechnet haben und sich auch kein Fehler in unsere Überlegung geschlichen hat. Wir müssen die neuen Kabel an der richtigen Stelle abschneiden. Nicht zu kurz und nicht zu lang. Immer wieder probieren und vergleichen wir mit den alten Zugkabeln. Kommen immer zum gleichen Ergebnis. Hier, genau hier soll das Kabel durchgeschnitten werden. Kratzen am Hinterkopf. Ein falscher Schnitt bedeutet nicht nur weitere 400€ versenkt zu haben, sondern auch viel weitere Zeit, um dann einen weiteren Versuch zu starten. Und was wäre dann mit der Motivation und der Stimmung an Bord? Es muss getan werden. Flex her, festhalten, ansetzen und es sprühen die Funken des pulverisierten Metalls über den Steg. Fertig! Ist ab. Der zweite wird auf die gleiche Länge gebracht. Dann noch schnell die Wendel um den Draht auf 3cm Länge entfernt und den Draht in die vorgefertigte Bohrung unserer Drehteile gesteckt. 


Aber: passt nicht. Es geht um zehntel Millimeter. Der Draht geht nicht in das Loch. Also die Bohrung aufweiten. 4,5mm hat sie. Mit einem 4,8mm Bohrer am Akkuschrauber hinein und: fest!  Der Bohrer hat sofort im Edelstahl gefressen, sitzt bombenfest und bewegt sich nicht mehr. Nicht mehr vor, nicht mehr zurück. Jetzt nur nicht abbrechen, sonst ist das neue “Push rod” für den Müll. Öl, WD40 oder Hitze zusammen mit Zangengewalt bekommen den Bohrer nicht heraus 🤬. Haleluja! Und es ist jetzt, am Freitagnachmittag, noch genau eine Stunde Zeit, um die “Push rods” in der Hydraulikwerkstatt auf den Draht pressen zu lassen. In unserer Not nehmen wir ein anderes, etwas zu langes “Push rod”, das wir zum Glück vor einer Woche doppelt haben anfertigen lassen. Als Ersatz, für alle Fälle. Jetzt ist der Fall da. Wir brauchen es. Bohrung und Draht werden zueinander passend geschliffen, dann ins Auto und ab zum Hidráulica! 10min vor dem Geschäftsschluss zum Wochenende kommen wir an und erhalten noch die zwei Verpressungen mit ihrer Profimaschine.  Wieder möchte man kein Geld für diese Dienstleistung haben. Herzlich und freundlich winkt man ab und beteuert, dass sie uns sehr gerne weiterhelfen. Zu einem kleinen Geldschein für die Kaffekasse kann Volker sie dann aber doch endlich überreden.

Den Bohrer haben sie auch noch im Schraubstock und großen Zangen aus dem “Push rod” herausbekommen, ohne ihn abzubrechen. Klasse, Danke, vielen Dank 🤩.



Den folgenden Samstag messen wir, schieben, kleben und montieren. Wir bauen die umgebauten Züge an das Lenkgetriebe, das wir auf dem Steg ausgelegt haben. Verdeckte Verschraubung mit Stecknuss auf der Knarren-Verlängerung. Federringe werden mit einem selbstgemachten Werkzeug aus einem Drahtkleiderbügel auf die Gewinde geschoben. Alles wird noch einmal ausprobiert, der Hub gemessen, die Züge kontrolliert. Es flutscht ganz gut. Am Stück mit dem Lenkgetriebe tragen wir beide 5m langen Bowdenzüge ins Boot und schieben sie durch Schränke, Backskisten und Schottwände an Ihren Platz. Eingefädelt in die Widerlager am Ruderquadrant. Dann wollen wir als letztes die Justierrohre auf die neuen Züge stecken: Die sind aber zu eng. Passen nicht. Oh nein! 

😤😳🤯🤬🥵😡😱 


Wanderung in den Bergen von Gran Canaria
Wanderung in den Bergen von Gran Canaria


Kommentar schreiben

Kommentare: 3
  • #1

    Christel (Montag, 17 Februar 2025 08:08)

    Oh manoman ihr macht es wirklich spannend �

  • #2

    Andreas (Montag, 17 Februar 2025 11:10)

    Eine Herausforderung jagt die nächste! Ihr habt sie alle gemeistert!!
    Gratulation und nur noch schöne Erlebnisse auf eurer weiteren Reise

  • #3

    Jens (Montag, 17 Februar 2025 13:32)

    Oh ja. Vielen Dank. Jens