Position MickMoon
Sunday, 02.03.2025, 0000 UTC
N 17°35,76' W 023°52,27'
78 nm northeast of Mindelo/Cabo Verde
785 nm sailed from Pasito Blanco 🇪🇸
78 nm to go to Mindelo 🇨🇻

Während ich dies schreibe ist es stockfinstere Nacht, Neumond, kurz nach dem Wachwechsel um Mitternacht zu Sonntag. Volker ist in der Koje. Der Wind ist gerade eher flau, darum kommen wir auch nicht so schnell voran wie in den vergangenen Nächten.
Durch den sanfteren Wind und den neuen Kurs ist die Welle angenehmer. Das Meer ist hier 3.500m tief.
Gestern um diese Zeit liefen wir mit 220° nach Südsüdost, wie die sechs Tage davor auch schon. Hinter Gran Canaria hatten wir das große Vorsegel, die Genua, ausgebaumt gesetzt und dann ging es immer gerade aus. Tagaus, tagein, Tag und Nacht. Leider konnten wir wegen des Spinnakerbaums den Kurs nicht ganz genau auf Mindelo zu halten und mussten um einen kleinen Winkel östlicher fahren. Das addierte sich nach 6 Tagen zu einem Versatz (XTE) von 60 Seemeilen.
Um nicht an Mindelo vorbei zufahren, müssen wir also die Segel schiften und das bedeutet den Spinnakerbaum abzubauen. Dazu muss einer der Crew auf das Vordeck und wir müssen 5 Leinen gleichzeitig händeln, um die 5m lange Stange, den Spibaum, einzuholen und zu verstauen. Das wollen wir natürlich nicht im dunkeln riskieren. „Wir machen das Manöver in 17 Stunden, um ca. 0900h, im Hellen, nach dem Aufstehen, vor dem Frühstück. Dann haben wir mit dem neuen Kurs immer noch einen guten Winkel zum Ziel“, verabreden wir am Abend vorher, bevor es in den Nachtwachenrhythmus geht.
In 17h! Meine Güte, was sind das für Dimensionen? In 17 Stunden segelt man eine Strecke von 85 - 100 Seemeilen. Für manche Charterer ein ganzer Wochenurlaub. Oder für uns früher die Strecke von zwei ganzen Segelwochenenden auf der Ostsee. Zweimal Wendtorf-Maasholm und zurück. Und jetzt planen wir ein Manöver um 17h im Voraus! Auf dem Atlantik ist alles irgendwie größer.
Mit dem Einholen des Spibaums und dem Schiften der Segel beginnt ein Tag, der ereignisreicher wird, als die bisherigen. Mindelo kommt in greifbare Nähe. Das spürt man irgendwie an der einsetzenden Aktivität auf dem Boot. Ein leichter Schimmer von Aufgeregtheit. In den Gesprächen und der Stimmung.
Wir experimentieren mit der richtigen Besegelung auf diesen Kurs für die Ketsch MickMoon. Ketsch bedeutet eine Yacht mit zwei Masten und somit 3 möglichen Segeln. Irgendwann haben wir das Boot so getrimmt, dass es mit ein wenig Schräglage, ein wenig schaukelnd, auf unsere Zielinsel schnellstmöglich zufährt. Zu guter Letzt, haben wir unseren zweiten Spibaum auf der anderen Seite, dem Backbordbug für die Genua angeschlagen. Natürlich wieder mit Arbeit auf dem Vordeck, was wir eigentlich vermeiden wollen.
Wir essen das gestern selbst gebackene Brot mit selbst gemachter Avokadopaste, (Guacamole), zu Mittag dann einen Obstsalat. Unsere Gemüse und Obstvorräte werden etwas großzügiger angegangen, in Anbetracht der Möglichkeit sie in der nächsten Woche auf dem Markt von Mindelo wieder aufzustocken. Ich kann mich schon gar nicht mehr erinnern, wie gut reife, süße Orangen schmecken können, die ich zuhause in den Supermärkten leidlich vermisse. Noch haben wir etliche leckere Orangen im Netz an Bord. Hm!
Volker hat die Hochseeangel ausgebracht und wir schleppen einen ansehnlichen Köder mit mächtigem Haken daran hinterher. Und nicht lange dauert es, bis die Angelsehne von der Rolle surrt. Biss! Aufgeregt hangelt Volker aufs Achterdeck und beginnt die Leine einzuziehen. Doch die Kurbel ist zu schwach für das, was da am anderen Ende der Leine zappelt. Also Handschuhe an und Volker holt die Leine Hand über Hand ein. Ich kurbele dann die eingeholte Leine vom Cockpit aus wieder auf die Rolle. Ganz schön mühsam, wenn wir so 100m Leine einholen wollen. Das fühlt sich nach einem ganz schön schweren Fisch an. Vielleicht ein Thunfisch? Aber dann geht es auf einmal sehr leicht. Kein Widerstand mehr. Der Fisch ist losgegangen und wieder weg. Wie schade. Kein leckeres Thunfischsteak heute Abend in der Pfanne.
Unsere tägliche Funkrunde findet mittags statt, dann schalten wir Starlink für eine Stunde an. Der Stromverbrauch der Antenne ist doch zu hoch, um sie den ganzen Tga aus der Bordbatterie zu speisen. Mit begrenzten Ressourcen haushalten ist das A und O beim Blauwassersegeln.
Neben dem wichtigen täglichen Absetzen der Meldung „Es geht uns gut“ an unsere Familien, und dem Download der Wettervorhersage, erfahren wir mit Entsetzen, wie Trump die Ukraine an Russland verrät und Präsident Selensky quasi aus dem Weißen Haus schmeißt. Dann werden von uns Berichte im Blog und in den Social Media hochgeladen und News abgefragt. Jeden Tag ein strukturierendes Ritual inzwischen.
Vor dem Dunkelwerden, bauen wir den Spinnakerbaum wieder ab, um in der Nacht mit unseren Kursanpassungen flexibel sein zu können. Wir haben uns inzwischen auf 140 sm an Mindelo angenähert. Bei der Decksarbeit finden wir den ersten fliegenden Fisch auf dem Deck. Die kleinen Fische haben große Seitenflossen, mit denen sie ein paar 10m über das Wasser fliegend segeln können, nachdem sie sich aus dem Wasser herauskatapultiert haben. Dass dann da eine Yacht daherkommt, und ihr Schwung nicht reicht, um über das Boot hinweg zu fliegen, können sie ja vor ihrem Sprung nicht ahnen. So müssen sie oft unbemerkt Notlanden und bleiben dann an Deck liegen. Für das Abendessen reicht das aber nicht. Da nehmen wir dann lieber das leckere Hühnercurry, das Volker vorbereitet hat.
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Christel (Sonntag, 02 März 2025 14:47)
Gutes Ankommen schön, dass es bald geschafft ist. Ganz ohne Schäden,?
Andreas Wegner (Montag, 03 März 2025 09:30)
Schöner Bericht an uns Landbewohner, tolle Bilder!
Was ist mit der Undichtigkeit am Ruderkoker? Wann geht es weiter?